sondern mit langen Schritten
vom Vulkan getanzt.
Um 10.30 Uhr faehrt ein Bus von Osorno ueber den Ort Puyehue entlang des Sees Puyehue bis zum Vulkan Puyehue. Diesen Dreierpack kenne ich schon vom Villarica. Wo auch immer man hier ist, man wird voruebergehend zum Lokalpatrioten. Zum Glueck habe ich heute nur einen Rucksack dabei, denn was ich nicht brauche, bleibt im Hostal. Ausserdem plane ich ja nur eine 2-Tagestour.
Aussteigen muessen wir in Anticura, wenige Kilometer vor der Grenze nach Argentinien. Mit mir verlassen 2 Amerikanerinnen den Bus. Auch sie wollen offensichtlich Richtung Volkano. Vorher muessen wir uns noch registrieren lassen und Eintrittsgeld bezahlen. Die Registrierung dient auch der Sicherheit des Wanderers, denn wer sich nicht wieder austraegt, nach dem wird bald gesucht.
Von den beiden Amerikanerinnen bleibt Amy schnell auf der Strecke. Wegen einer Entzuendung an der Achillessehne entscheidet sie sich, mit dem Bus wieder nach Osorno zurueckzufahren. Jess(ica) und ich pilgern also erstmal alleine los. Sie ist Soziologie-Studentin aus Massachusetts und kommt urspruenglich aus Boston.
Erst geht´s gemuetlich ueber Weideland,
dann muessen bald solche haesslichen Rinnen bergauf gekraxelt werden. Sie hoeren kaum auf.
Insgesamt sind 1000 Hoehenmeter in dreieinhalb Stunden zu bewaeltigen. Doch dann erreichen wir das Refugio von CONAF
und bauen vor einem zweiten, aelteren Gebaeude unsere Zelte auf.
Von diesem "Basislager" kann man bestens den Vulkan Puyehue sehen, den ich besteigen moechte.
Die Hollaender Johan und Aad aus Amsterdam sind schon hier oben und begruessen uns. Endlich treffe ich auch mal etwas aeltere Herrschaften (Johan fand sich aber keineswegs alt): Beide sind gerade "retired" mit ihren 65 Jahren, und wollen ebenfalls 2 Monate in Chile bleiben. Richtig nette Typen!
Noch am spaeten Abend kommt ein junges deutsches Paar vom Vulkan herabgestiegen: Jan und Sarah, die in Stuttgart arbeiten, aber urspruenglich aus Dresden und Cottbus sind. Sie ueberbringen die schlechte Nachricht, dass ein Weiterwandern ueber die Puyehue-Traverse zu den heissen Quellen von El Banjo wegen teilweise huefttiefen Schnees leider nicht moeglich sei. Aaad, Johan und Jess sind bedient, da sie genau diese Mehrtagestour machen wollten. Jetzt erwaegen sie, wie ich, "nur" die Vulkanbesteigung zu machen.
Bevor die Sonne untergeht, klettere ich schon mal auf einen naheliegenden "Hausberg" und schaue mir von dort beachtliche Panoramen an.
Alle bereits bekannten Vulkane kann man von hier wieder sehen: den Osorno, den Tronador usw.
Und auf der Wasseroberflaeche spiegelt der See Puyehue die untergehende Sonne.
Nach und vor einem anstrengenden Tag moechte jeder bei Anbruch der Dunkelheit zeitig seinen Schlafsack aufsuchen.
Am naechsten Morgen verpasse ich den Sonnenaufgang um ein paar Minuten, und schon ist die Sonne so hell, dass ich nur noch meinen Schatten fotografieren kann.
Jan war etwas frueher dran, aber dafuer hatte ich schon meine Tasse Kaffee.
Als er hoert, dass ich auf meiner Reise auch nach Tasmanien moechte, gibt er mir noch ein paar tolle Tipps mit auf den Weg, denn er und Sarah begeben sich jetzt auf den Rueckweg.
Da die beiden Hollaender noch in ihren Kojen liegen, machen Jess und ich uns kurz nach 7 Uhr alleine auf zum Vulkan Puyehue. Ich lass´meinen Rucksack unten, moechte endlich mal leicht wie ein Vogel sein. Nur die Stoecke nehme ich mit.
Der Aufstieg geht besser als ich dachte. Meine Villarica-Erfahrung hilft mir sehr, die richtigen Schritte zu machen. Jess jedoch hat Probleme, je hoeher wir kommen.
Ein paar hundert Meter vor dem Gipfel dreht sie um, weil ihr der Schnee zu hart wird. Sie ruft mir zu: "The wind begins to howl" (wie schon Jimi Hendrix bemerkte), "so I get shy for going up".
Fuer mich ist der Aufstieg noch in Ordnung, aber jetzt sind meine Stoecke Gold wert. Bald bin ich oben.
"Unrasiert und fern der Heimat", aber happy und eben oben auf dem Vulkan Puyehue bei besten Sichtverhaeltnissen, was in den naechsten Tagen nicht so bleiben wird.
Und der Blick in den Krater sieht so aus:
Nach relativ kurzer Zeit habe ich den fantastischen Rundblick auf die mir bekannten Vulkane der Umgebung getan und staunend genossen ("Staun-Level" liegt bei 10 von 10 moeglichen Punkten). Jetzt geht´s wieder bergab. Diesmal mit langen Schritten und eben ohne Rucksack, wie ein Vogel, deshalb ist es wie Fliegen, zumindest wie ein Tanz.
Und bald darauf erreiche ich Jess und wir steigen gemeinsam weiter ab.
Kurz nach 10 sind wir zurueck im Basislager. Johan und Aad sind offensichtlich auf einem anderen Pfad als wir bereits Richtung Vulkan unterwegs, denn ihre Sachen sind noch im Refugio.
Kurz darauf erscheint ein junger Amerikaner auf der Bildflaeche, und ich hoere Jess nur noch lachen, schnattern und prusten. Es stellt sich heraus, dass die beiden nicht nur auf der selben Uni sind, sondern auch die selbe Schule 1 Jahr zeitversetzt besucht haben.
Nachdem ich noch ein Foto von den beiden (mit dem Vulkan im Hintergrund) fuer die Schuelerzeitung machen darf, haben sie bereits ihre Rucksaecke aufgeschnallt und machen sich vom Acker. War was?
Unten an der Strasse treffe ich Jess wieder. Ihr amerikanischer Schulfreund ist schon wieder "ueber alle Berge". Sie will wie ich mit dem Bus zurueck nach Osorno. Als in die entgegen gesetzte Richtung ein Bus nach Bariloche vorbei kommt, haelt Jess den kurzerhand an, nimmt ihre Klamotten, verabschiedet sich knapp, und schon seh´ich nur noch dies:
Warum nicht einfach in die andere Richtung, warum nicht Bariloche? So sind sie hier die jungen Leute: spontan + frei. - Irgenwie auch gut, aber gleich so radikal?
Da mein Bus auf sich warten laesst, nimmt mich der Chilene aus der Registrierstelle des Nationalparks (eigentlich ein Restaurant) in seinem Pickup mit nach Entre Lagos. Wir hoeren u.a. Chopin und Tschaikowski. Er heisst Miguel Angel und ich erzaehle ihm die Geschichte aus Irland, wo der Erzengel Michael eine Landebahn namens Skellig Michael unterhaelt (eine kleine Insel, auf der um 800 ein Kloster errichtet wurde). Das findet Miguel Angel spannend und da er ja irgendwie auch ein Engel ist, setzt er mich genau an der lokalen Busstation ab. Bereits zehn Minuten spaeter sitze ich empanadakauend in meinem Bus zurueck nach Osorno.
Hasta la vista
Wolfgang
2 Kommentare:
Lieber Wolfgang wir haben aufmerksam Deinen Vulkanbericht gelesen. Wir, d.h.: Ingeborg und Jürgen Knudsen. Sie sagen jetzt buenas dias Don Wolfgang! Sie wünschen Dir weiter aufregende Reiseabenteuer.
Lieber Wuddel, habe gerade eine Tief und mithilfe deiner Berichte geht es mir etwas besser, Ich versuche mit dir oben auf dem Vulkan zu stehen und nur in die Tiefe zu blicken und mich nicht runter ziehen zu lassen, es ist auch besser im Matsch zulanden , als in einen Abgrund zustürzen und ich hoffe meine Balance bald wieder zu finden. Vilen Dank für die schönen Bilder und Kommentare und einen schönen 1. Advent !liebe Grüße gudrun
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