dann dieser deutsche Friedhof
hier in Osorno
Wahrscheinlich denkt ihr, nun hat´s ihn wirklich erwischt, den armen Kerl: Kommt erst auf den Hund und jetzt auch noch dies.
Ja, eigentlich wollte ich doch ueber die Stadt Osorno berichten:
So wird man hier am Bus-Terminal begruesst: " Willkommen im Land der Stiere. - Wir sind Osorno."
Ich seh´hier leider keine Stiere, sondern nur Taxis. Mein Reisefuehrer sagt: "Wirtschaftlich bedeutsam, aber als Touristenziel nicht sehr attraktiv - so kann man die etwa 130 Tsd. Einwohner zaehlende Stadt Osorno in wenigen Worten charakterisieren."
Auch unter Trekkern gilt Osorno nur als Bus-Drehscheibe, die man schnellstens wieder verlassen sollte und vielleicht noch als Sprungbrett fuer den Nationalpark Puyehue (kommt noch!) nutzen kann.
Gut, dass ich auch mal auf Mehrheitsmeinungen pfeife. Irgenwie lerne ich hier gerade das "manjana"-Prinzip: Schon mehrfach sagte ich meiner Zimmerwirtin, ich wuerde am naechsten Tag abreisen. Sie glaubt mir nicht mehr.
Alles fing damit an, dass ich nach der anstrengenden "Vicente Perez Rosales"-Tour wenigstens einen Tag mal richtig abhaengen wollte.
Irgendwie hoerte ich von einem deutschen Friedhof ganz in der Naehe und hoffte dort ausser Ruhe auch Interessantes ueber fruehere deutsche Siedler zu erfahren. Meine Neugier war wieder einmal erwacht, waehrend mein "Restwesen" noch ziemlich verschlafen war. Das erste, was ich bewusst sah, war dies:
Wirkt erstmal etwas duester, dieses kleine Familiengrab der Familie Buschmann. Aber natuerlich hat mich neben der bluehenden Bepflanzung vor allem die Inschrift ueber dem Eingang interessiert. Koennt ihr sie lesen?
Ich auch nicht vollstaendig. Erst als ich mal kurz hinter die Fichte schaute, las ich dort: "NICHTS AUF DER WELT FAELLT DER VERNICHTUNG ANHEIM NUR DIE FORM WECHSELT". Haette auch von Einstein sein koennen: "Materie vergeht nicht, sondern wechselt nur ihren Aggregatzustand."
Aber geht es auf einem Friedhof nur um Materie? Natuerlich nicht nur, es geht auch um Uebergaenge und um die Seele. Wie kann man sich aber die vielfache Inschrift "Ruhe sanft" erklaeren? Warum sollte eine Seele ruhen und nicht freudig erhaben paradiesische Himmelssphaeren oder neue Welten in neuen Inkarnationen durchmessen?
Der einzige der heute Ruhe braucht, bin ich.
Und wer sie hier nicht findet, ist selbst schuld.
Was mir auffaellt, sind die vielen liebevollen Blumengruesse der Angehoerigen.
Wie auch hier fuer Alfred, der mit 20 wahrscheinlich als deutscher Wehrmachtssoldat starb
oder fuer Sigfried aus Donaueschingen, der als 25 jaehriger deutscher Unteroffizier vermutlich in Smolensk sein Leben liess. Leuchtend?
Kindergraeber: links oben Rolf, der 5 Jahre alt wurde,
rechts das Grab von Claudio, der nur einen Tag auf unserer Erde lebte.
Irgenwie ist hier alles relaxt:
wie z.B. die Koerperhaltung der jungen Dame (im Hintergrund das Willkommensschild eines Supermercado).
ich schwoere es, noch eine zweite! Warum? Ich versuche unauffaellig der Sache nachzugehen. Und ich bin platt, denn....
Es offenbart sich, dass hier offensichtlich gemeinsam eine geraucht wurde: die alte Dame mit ihrem verstorbenen Lebenspartner.
Dass sich hier mal keiner die Finger verbrennt!
Schoene Ansichten des jugendstilgepraegten Familien-Mausoleums der Familie Schwalm Glos:
Im Gebaeude rechts daneben Inschriften aus der Familien-Gruft der Familie von Martin Mohr, der aus Hamburg stammt:
Der Urvater dieser Dynastie, Kapar Mohr, wurde 1795 in Goetzberg geboren, er starb 1853 "En el Oceano". Seine Frau Marie Katharine Wallmann wurde 1803 in Bleckede geboren.
Tja, so hoffnungsvoll ist man hier hier:
in der deutschen Anderwelt im schoenen Teil von Osorno.
Man kann lernen: "Nichts vergeht, wenn du dran glaubst!"
Hier halten sich jedenfalls alle dran.
Ach und spaeter erfahre ich noch zweierlei:
1.) "Zeitlos", wie ich nach einem Monat des Reisens inzwischen lebe, war mir voellig entgangen, dass ich den Friedhofsbesuch an einem Sonntag unternahm, es war der Totensonntag.
2.) Es gibt hier ausser dem "Deutschen Friedhof" noch einen zweiten besuchenswerten Ort in Osorno, naemlich den "Katholischen Friedhof", auf dem sich vor allem deutsche, ebenfalls teils sehr kunstvolle Graeber befinden sollen. Da mein Bedarf nun aber erstmal gedeckt ist, ueberlasse ich die Insichtnahme und Berichterstattung gerne jemand, der noch viel kompetenter ist als ich, und der sich ab Mitte Februar naechsten Jahres im Raum Osorno aufhalten wird, oder spricht etwas dagegen, Manfred?
Hasta la vista
Wolfgang
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