bist der Wohnsitz des Geistes,
den ich gut kenne.
Morgens um sieben war unsere Abfahrt bei der chilenisch-franzoesischen Agentur Aguaventura in Pucon.

Wieder so ´ne relaxte junge Firma mit freundlichen, aber total ausgeschlafenen Typen. (Ihr denkt dran, dass ihr fuer euch interessante Bilder mit Doppelklick vergroessern koennt?)
Gegen acht erreichen wir den Ausgangspunkt. Jeder von uns bekam einen von Aguaventura vorbereiteten Rucksack mit diversen Ausruestungsgegenstaenden, die zunaechst aber ausser den Spezialschuhen nicht benutzt wurden. Die eingepackten Steigeisen wuerden wir garnicht benoetigen.
Neben unsererem Agenturbus standen hier noch mindestens 8 weitere Minibusse, was einen irgendwie kraenkt.
Was macht der denn da oben? - Tja, hier befestigt unser Tourfuehrer persoenlich den bereitgestellten Eispic(kel) an meinem Rucksack. Das gibt mir Zeit, mich reichlich mit hoch dosierter Sonnencreme einzucremen, um gegen die intensive Sonnenstrahlung geschuetzt zu sein. Da das alle machen, haengt hier ein international gut durchgemixter Lotionduft in der ansonsten glasklaren Luft.
Das hier ist uebrigens unser Tourboss mit seinem Assistenten.
Er ist halb Chilene, halb Mapuche und erzaehlt, dass der Vulkan Villarica in der Sprache der Mapuche "Ruca Pillan" (=Haus des Spirits, kleiner Hinweis auf mein obiges Haiku) heisst. Wie auch in Neuseeland, betrachten hier die Ureinwohner Vulkane nicht bloss als Landschaftsidylle oder Risikostaette, sondern als Sitz der Ahnen und eines (guten?) Geistes. Eigentlich sind es daher fuer sie heilige Staetten. Darf man darauf einfach ´rumtrampeln?
Z.B. mit den fuer mich neuen Tretern (hoffentlich bekomme ich keine Blasen!). Und mit dem italienischen Eispic, der beim steileren Aufstieg (immer bergseitig) als Gehstock benutzt wird.
Das sind wir. Und wer sind wir? - Wir sind 4 Deutsche und 2 Franzosen und unsere beiden Fuehrer (einer geht vorne, der andere hinten).
Bei unserer einzigen Pause zeigten sich um uns herum fantastische Berg-Panoramen.
Mit uns starten auch noch die anderen Touri-Gruppen. Alle tragen bereits ihre "Farben", also Hose und Jacke in einer bestimmten Farbe (z.B. Rot, Gelb, Blau). Wir gehen noch so, wie wir (lustig) sind.
Bald zeigt sich, dass wir gut im Rennen liegen. Gruppe fuer Gruppe wird von uns ueberholt, bis nur noch das gelbe Team vor uns liegt.
Alle 100 m veraendert sich der Schnee. Als wir die 2000 m ueberschreiten, wird die Schnee-Oberflaeche etwas haerter. Gut, dass der Eispic dabei ist und ab 2500 m kann man ein feines Klirren hoeren, wenn die Eiskristalle vom Wind ueber die Schneekruste getrieben werden.
Das Gehen bzw. Aufsteigen ist sehr meditativ. Ich versuche, nicht vor oder hinter mich zu schauen, beobachte nur die Fussspuren meines Vordermanns und versuche sie "richtig" zu treffen. Kaum schweifen meine Gedanken ab, passiert ein Fehltritt, und ich stolpere (z.B. als ich dachte:"Was waere, wenn ich keinen Vordermann haette, sondern allein waere, denn als Samurai musst du mit anderen, aber auch alleine bestehen koennen.")
Apropos Samurai/Japan: Der Fujijama, dessen allseits bewunderte Symmetrie auch beim Villarica zu erkennen ist, erinnerte mich doch an das wunderbare Schnecken-Haiku, ihr wisst schon:
Ja, kleine Schnecke,
besteig den Fujijama,
aber ganz langsam!
Und wie es in der klaren, wohlriechenden Bergluft so ist, faellt einem doch alles Moegliche ein. Z.B. bei der flotten Gangart, die unser Fuehrer anscheinend liebte, fiel mir das dazu gegenteilige Haiku ein:
Ja, Himmelsstuermer,
besteigt den Villarica,
entspannt, aber schnell.
besteigt den Villarica,
entspannt, aber schnell.
Kurz vor dem Gipfel des "Geisthauses" ueberholten wir das gelbe Team und erreichten statt nach 5 Stunden (allgemeine Vorgabe) bereits nach dreieinhalb Stunden den Gipfel (persoenliche Bestzeit unseres Bosses mit einer Gruppe, immerhin macht er seinen Job schon seit 5 Jahren).
Sein Trick war allerdings, uns fast jede Pause abzuschwatzen:"Hey guys, do you want to make a stop here, or shall we make it later?" Welcher ambitionierte Himmelsstuermer mag da nicht lieber weiter gehen?
Die "siegreiche" French-german Connection.
Wir vier Deutschen waren: Britta und Simon aus Muenchen
Patrick aus Freiburg,
der in Berlin als Windrotorblatt-Entwickler arbeitet und sich gerne selbstaendig machen moechte, weil die Windkraftfirmen ihr Geld angeblich inzwischen selbst drucken koennen. Aber leider fehlt ihm noch etwas die Erfahrung.
Und ein weiterer Himmelsstuermer:
Beissender Schwefelgeruch empfing uns auf dem Gipfel
und ein sensationeller Einblick in einen Krater, der noch 2005 mit gluehender Lava gefuellt war (Bewanderungsverbot!).
In den Jahrzehnten davor gab es sogar Ausbrueche im Stile der italienischen Vulkane mit vielen Toten, da die Bewohner uebernacht von einem Ausbruch ueberrascht wurden.
Vulkanforscher unterscheiden diese "Schnellausbrecher" von den hawaiianischen "Langsamkommern", bei denen man in Ruhe das Weite suchen kann.
Das muessen diese Teams aber nicht, denn die "Vulkanampel" (kein Scherz!) unten in Pucon steht auf gruen, das heisst:"Keine besonderen Aktivitaeten", ausser Qualm und weit unten im Krater Lava, die man nur bei Nacht sehen kann. Gelb heisst:"Kleine und mittlere Explosionen" und rot bedeutet, ihr wisst schon:"Grosse Explosionen" und es kleckert Lava ueber den Vulkanrand und bewegt sich flott nach unten. Alles in Deckung!

Unsere Abfahrt wurde eine Mordsgaudi. Vorher kleideten wir uns noch in die Farbe des Aguaventura-Teams, naemlich in ein fruehlingshaftes Schwarz. Aus wasserdichtem Material zogen wir Hose, Jacke, Gamaschen, Hinternschoner und Handschuhe an und setzen einen roten Sicherheitshelm auf.

Zusaetzlich gab es noch einen Plastiksitz fuer die bald folgende Abfahrt. Zum Bremsen benutzten wir die Eispics, wenn wir zu viel speed draufhatten (alles learning by doing nach kurzer Einweisung).
Koennt ihr euch diese Gaudi vorstellen? Den Berg, muehselig erklommen, mit den Beinen zuvorderst wieder ´runterzusausen und dabei manchmal zu schlingern, ueber Buckel zu jauchzen, weil man kurz mal fliegt und kaum Worte findet fuer dieses Spektakel, eigentlich nur noch ruft:"Oooohh, aaaaah, wow, doll, saugeil usw." Leider war kein Kameramann dabei, um davon Bilder zu machen, und unsere Digikameras sollten wir aus stosstechnischen Gruenden gut im Rucksack sichern und keinesfalls in die Hosentasche stecken.
Nachdem wir zurueck in unserer Basisstation in Pucon waren, gab´s mit der netten Crew von Aguaventura noch eine angenehme Abschiedssitzung bei Bier und mit Austausch unserer Erfahrungen. Alle waren hoechst zufrieden.
Genau wie ich.
Hasta la vista
Wolfgang
6 Kommentare:
Hallo Wolfgang,
das ist ja berauschend,wie du durch die Lande ziehst. Alle 2-3 Tage schaue ich `mal auf deine Seiten und schon wieder gibt es eine Fülle von Berichten und Bildern. Ich bin überrascht, wenn ich quasi mit dir vom Vulkan auf die Welt blicke. Auch das Herunterrutschen hätte mir sehr gut gefallen.
Und, wie lebt es sich sonst so mit den Menschen dort? Auf einem der Bilder vom Fuße des Vulkans sieht man diesen Ort so in der Größenordnung von Ahrensburg (14000Einwohner schreibst du) sieht es sehr ähnich aus wie in deutschen Landen. Kommt das hin?
Bis bald
Grüße Wolfgang
Hallo Wolle,
du bist ein Glückspilz bei dem, was dir alles geboten wird. gerade schrieb ich dir meinen Wunsch viel über Vulkane zu erfahren und Fotos dazu zu sehen - schon wird mein Wunsch auf schönste Weise mehrmals erfüllt. Einfach berauschend.
Herzliche Grüße
Winni
Hola Wuddl,
wer der heiligen stätte bergab über einen längeren zeitraum den arsch unter wow- saugeil-juchhuzen zuwendet, braucht sich keine gedanken zu machen ob er bergauf hätte auf ihm rumtrampeln dürfen. Tolle tour, tolle berichte ich freu mich mit dir.
saludos a ti elmo
Heiko sagt dazu
un hombre aleman
geht für kurze zeit bergan
abajo von arsch
Lieber Wolfgang,
wir fragen uns gerade, ob du rechts,links oder eher mittig gerutscht bist. Wären wir doch bloß dabei gewesen!! Nein, kein Neid! Vielen Dank für die tollen Eindrücke.
Liebe Grüße
die schraeders
die bilder vom villarca sind einfach
o b e r g e i l
das darf man hier schon mal sagen
übrigens zum fudschijama:
"he is so shy"
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