wo sich Himmel und Erde
treffen, ist mein Ziel.
7. Etappe vom Campamento Italiano bis zur Alberge Chileno
Heute bewege ich mich vom mittleren auf den rechten "W-Strich" der klein gepunkteten Linie (im unteren Bild) zu.
Das "W" ist die Kurzform des "Cirquito", den ich rechts auf der dick gepunktete Linie im umgekehrten Uhrzeigersinn begonnen habe .
Die meisten Besucher von Torres del Paine machen nur das "W". Das dauert dann ca. 5-6 Tage und hat den Charme, dass man dreimal ohne grossen Rucksack den linken, mittleren und rechten "W-Strich" hoch- und wieder runterwandern kann, waehrend man sein Gepaeck im jeweils unteren Campamento deponiert.
Um 6 Uhr breche ich zu einer sehr schoenen Seeseitenwanderung am Lago Nordenskjoeld auf .
Schon fruehmorgens haengt ein schwerer, suesser Duft in der Luft, der von niedrigen weissbluehenden Bueschen ausstroemt.
Teilweise fuehrt der Weg direkt ueber den schwarzweissen Steinstrand des Lago.
Ein Blick zurueck von oben auf den Strand hinunter.
Die Hauptstrecke aber windet sich ueber schmale Pfade auf- und absteigend mitten durch Buesche und Pampa.
Schon gegen halb eins habe ich die ca. 20 km bewaeltigt und erreiche die Alberge Chileno als Basis-Campamento im rechten und letzten Teil des "W", wo ich mein Lager aufschlage.
Zur Enstspannung wandere ich noch einige Kilometer talaufwaerts und wieder zurueck, um die markanten Punkte fuer die anstehende Nachtwanderung zu den beruehmten Torres zu erkunden.
8. Etappe vom Campamento Chileno zu den 3 Torres, den beruehmten Tuermen
Ich breche kurz nach 3 Uhr morgens auf, habe Regenzeug fuer alle Faelle an und eine starke Taschenlampe dabei.
Eine Gruppe von 6 Chileninnen und Chilenen fragt mich:"Do you want to go with us?" Natuerlich schliesse ich mich ihnen gerne an. Knapp eine Stunde geht es am Rio Asencio flussaufwaerts, dann biegen wir scharf links in die Morrena Acarreo ein und muessen ueber teilweise meterhohe Steine immer noch im Dunkeln ziemlich steil bergaufwaerts kraxeln.
Gegen 5 Uhr erreichen wir den Aussichtspunkt am See vor den drei Torres.
Die (2600-2850 m hohen) Tuerme zeigen ihre von Nebelschwaden umhuellten Koepfe jedoch nicht, um sie roetlich im Licht der aufgehenden Sonne wiederzuspiegeln. Dafuer mache ich erstmal ein Foto von meinen 4 Begleiterinnen und 2 Begleitern.
Dann beginnt hinter uns eine wundervolle Morgendaemmerung
mit einem umwerfenden Wolkenspiel.
Ploetzlich wird die recht neben uns liegende Wand des Cerro Nido de Condor (2243 m) vom Morgenlicht ausgeleuchtet,
und kurz darauf spannt sich ein Regenbogen von der hoechsten Stelle dieser Wand ueber das ganze Tal hinter uns.
Aber nach eineinhalb Stunden vergeblichen Wartens auf dieses von allen erhoffte Traumbild

gebe ich frierend auf und muss mich unbedingt bewegen, denn das Wetter wird wieder schlechter. Die Chilenen haben sich bereits vor einer halben Stunde verabschiedet.
Ich wandere den Rio Asencio weiter flussaufwaerts und versuche ins Valle Silencio zu kommen. Doch ein laengerer Regen- und Hagelschauer auf freiem, ungeschuetzten Geroellfeld durchkreuzt auch diesen Plan. So kehre ich um zum Campamento Chileno, wo das Zelt steht.
An meinem Lagerplatz komme ich mit 2 Paaren in der Nachbarschaft ins Gespraech: mit Camilla aus Daenemark und Sebastian aus Gruyere in der Schweiz, die sich vor 7 Jahren bei einem Englisch-Kurs in Australien kennen+ lieben gelernt haben und seit 5 Jahren gemeinsam in Kopenhagen leben. Sebastian arbeitet dort als Ingenieur fuer Projektentwicklung. Die beiden geben ein wirklich nettes Paar ab, das ganz offensichtlich sehr liebevoll miteinander umgeht.

Und die noch aktuellere Liebesgeschichte laeuft zwischen dem jungen Joran aus Amsterdam und seiner farbigen Freundin aus England. Beide haben sich vor einer Woche bei einer Torres del Paine-Einfuehrungsinformation im Erratic Rock-Hostel in Puerto Natales getroffen. Es war "love at the first sight" und dass sie ihre Torres del Paine-Tour zusammen ausprobieren wuerden, war fuer sie ein klarer Fall.
9. und letzte Etappe vom Campamento Chileno bis zur Laguna Amarga
Nachdem ich mein Zelt von den Regenfolgen gereinigt und alles verstaut habe, breche ich um 8.45 Uhr auf zur Hosteria las Torres und von dort zum Parkeingang bei der Laguna Amarga.
An diesem extrakuehlen Morgen liegt Neuschnee auf den Bergen. Die erste Strecke geht noch bergauf, und das tut bei dieser Saukaelte richtig gut. Anstrengende Bewegung waermt.
Aber dann geht´s nur noch bergabwaerts, hinunter ins Tal. Zwischendurch verweile ich an einem kleinen Huegelkamm. Nach kurzer Zeit bemerke ich einen Vogel, der voellig unbeweglich in meiner Naehe sitzt. Ich kann mich ihm bis auf vier Meter naehern, ohne dass er Anstalten macht davonzufliegen. Menschen scheint er offenbar nicht zu fuerchten. Fast wirkt er wie ein Haustier.

Es ist ein Carancho, eine Falkenart, die bis zu 60 cm gross werden kann. Der Carancho ernaehrt sich von Nagetieren, kleinen Vögeln, Fischen und Aas. Wegen letzterem wird er auch von den Einheimischen gerne geduldet, weil er beim "Aufraeumen" hilft.
Am Kiosk an der Hosteria las Torres treffe ich Frank aus dem Berliner Raum (Eberswalde). Wir gehen nach ausgiebiger Pause die letzten Kilometer gemeinsam bis zur Laguna Amarga und unterhalten uns dabei angeregt.
Zum Glueck habe ich ihn einen Tag spaeter nochmal in Puerto Natales getroffen und konnte ein Foto von ihm machen, denn auf unserer gemeinsamen Wanderung war mein Akku leer.
Frank ist seit 10 Jahren Krankenpfleger und sammelt gerne freie Tage, um irgendwann einmal wieder eine dreimonatige Reise wie diese machen zu koennen. Dann schreibt er Dauerpatienten, die ihn lange kennen auch schon mal eine Postkarte. Einer hat extra ein Regal mit seinen Postkarten.
So weit ich das beuerteilen kann, macht er seinen Job richtig gut. Er ist "seinen Leuten" gegenueber zugewandt und setzt sich lieber mal zu einem Kloenschnack mit ihnen zusammen, bei dem sie etwas Dampf ablassen koennen, als ihnen Beruhigungsmittel zu geben. Hut ab, Frank, du machst das toll. Und mir kann er sogar noch Reisetipps geben, weil er schon auf der Osterinsel war.
Um 14.30 Uhr fahren unsere Busse ab. Um viertel vor fuenf erreiche ich dann Puerto Natales. Auf dem Weg zu meinem Hostal kommt mir ein Junge entgegen, auf dessen T-Shirt steht "Negra mi alma, blanco mi corazon" (=Schwarz [ist] meine Seele, weiss [ist] mein Herz). Gut, dass nicht beides schwarz ist!
Und ich bin froh, dass von den 9 zurueckliegenden Torres del Paine-Tagen nur einer verregnet war und die 8 anderen Bilderbuchwetter hatten.
Glueck gehabt, und schoen war´s um die Torres herum!
Hasta la vista
Wolfgang